Manche Dinge brauchen etwas mehr Zeit, eine Produktentwicklung zu begleiten und um einen Fortschritt für die Lichtwerbebranche zu erzielen. Umso stolzer war der LWD, einen neu entwickelten Schutzschalter für Lichtwerbeanlagen mit LED-Ausleuchtung auf der letzten Jahrestagung als Erstes exclusiv seinen Mitgliedern zu präsentieren und über die Funktionsweise und den Mehrwert an Sicherheit für Lichtwerbung zu erläutern.
Warum die EN 50107-3 doch wichtig ist
Wenn es um die Betriebssicherheit von Lichtwerbeanlagen mit LED-Ausleuchtung geht, wird dieses Thema häufig unterschätzt oder vernachlässigt, weil es sich um Spannungen von 12 oder 24 Volt handelt. Aber auch bei diesen Kleinspannungen besteht bei unsachgemäßer Erdung einer Leuchtreklame neben Kurzschlüssen oder der Gefahr eines Stromschlags auch eine erhebliche Brandgefahr durch Überhitzung der Bauteile durch die Verwendung überdimensionierter Transformatoren, Steckverbinder oder falscher Kabelquerschnitte.
Bei so vielen sicherheitsrelevanten Aspekten, die es zu berücksichtigen gilt, war es seltsam, dass die vorherige Norm EN 50107-3:2018 „Produktnorm für Leuchtschilder mit Entladungslampen und/oder LED (Leuchtdioden)“ zurückgezogen wurde. Die Rücknahme der Produktnorm EN 50107-3 im Jahr 2021 bedeutete einen Rückschritt für die Lichtwerbe-Industrie. Die Norm wurde jedoch nicht aufgrund technischer Mängel zurückgezogen, sondern allein aus rechtlichen und nationalen Gründen sowie Konflikten mit dem Fachausschuss der Lichtindustrie. Es ist enorm wichtig, immer wieder daran zu erinnern, dass die veröffentlichten technischen Inhalte der Norm weiterhin für die Herstellung von Lichtwerbeanlagen gelten.
Mehr als vier Jahres ist es her, dass der LWD - in personas Hans Joachim Kremser und ich – mit einem LED- und Elektronik-Zulieferer auf der WETEC 2020(!) in Stuttgart über die Möglichkeiten einer zusätzlichen Schutzeinrichtung sprachen. Diese wurde in Kapitel 4.4.3 „Zusätzliche Schutzeinrichtungen zu Erdschluss- und Leerlaufschutzeinrichtungen“ gefordert, aber es wurde nur sehr rudimentär beschrieben, wie die Lösung gestaltet werden kann.
Meine Frage an das Technische Komitee, das für die Ausarbeitung der Norm verantwortlich war, war bis dahin zwar beantwortet, aber wenig zielführend und wenig montagefreundlich: Nach der Erstinbetriebnahme und der Messung der Stromstärke wird eine Schmelzsicherung auf der Sekundärseite zwischen Trafo und der LED-Installation eingebaut.
Black-Box für mehr Brandschutz
Um die geforderte Schutzeinrichtung auch für die Monteure möglichst installationsfreundlich zu gestalten, musste etwas anderes her. Da war ich mir sicher; der Einfachheit halber nannte ich sie Black-Box und erstellte ein Anforderungsprofil, welches die Kriterien der EN 50107-3 erfüllte. Dann kam die Pandemie und mit ihr die Rücknahme der EN 50107-3 durch die EU und das Papier verschwand aus dem Fokus.
Auf der ERFA-Tagung des LWD im September 2021 bei Hansen LED in Haselund sprach ich Tim Hansen auf das Projekt an, ob Hansen über Möglichkeiten und Kapazitäten verfügt, eine derartige Schutzeinrichtung zu entwickeln und zu bauen. Auch wenn weitere zwei Jahre vergingen, kam Ende 2023 die Rückmeldung, dass Christian Gonnsen als Entwicklungsingenieur von Hansen LED, die BlackBox – mittlerweile mit weißem Gehäuse für weniger Schattenwurf beim Einbau in eine Lichtwerbeanlage – die Entwicklung eines 100W-Schutzschalters für 12/24V LED-Systeme – weitestgehend abgeschlossen hätte.
Jetzt hieß es, ans Feintuning zu gehen und Geschwindigkeit aufzunehmen, denn es war Tim Hansens und mein Wunsch, den Schutzschalter auf der LWD-Jahrestagung 2024 in Dresden vorzustellen, was auch gelang. Wie wichtig dieses Bauteil ist, zeigte sich dann auf der Vorstellung des Schutzschalters auf der letzten ESF-General Assembly in Hasselt (B) Ende April. Hier wurde von den italienischen Delegierten berichtet, dass erst Mitte April in Italien (Foto) eine 12V-LED-Werbeanlage, die von einem 150W-Trafo gespeist wurde, abgebrannt ist.
Der Schutzschalter ist mittlerweile in der Testphase und wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2024 verfügbar sein.
Wie funktioniert der Schutzschalter?
Der 12V/24V 100W Schutzschalter überwacht die aufgenommene Leistung eines LED-Schaltkreises und schaltet bei einer zu großen Leistungsaufnahme / Kurzschluss (>100W) ab. Dadurch werden Brandrisiken in Lichtwerbeanlagen bei Einsatz von leistungsstarken Netzteilen erheblich reduziert. Bei Veränderungen der Leistungsaufnahme während des Betriebes über die Zeit (Abnahme oder Zunahme der Gesamtleistung um 20%) oder bei Verbindungsfehlern (Kontaktfehlern), schaltet das Gerät innerhalb von 0,3 Sek. in einen Fehlermodus.
Die Art des Fehlers wird über einen Blinkcode der Status LED ermittelt. Der Fehlermodus kann nur durch einen speziellen Reset-Vorgang wieder beendet werden.
Der Brandschutzschalter ist auch für gedimmte Anlagen (über PWM) geeignet.
Haben Trafos keine derartige Abschaltung eingebaut?
Auch wenn etliche Trafos, aber eben auch nicht alle, über einen sogenannten Hiccup-Mode1 verfügen, erfüllt dieser nicht die Vorgaben der EN 50107-3 einer Stilllegung der Stromversorgung in dem Fall eines Kurzschlusses.
Der eigentliche Auslöser des Fehlers an der LED-Installation wird nicht behoben, was erforderlich wäre. Vielmehr schaltet dieser Modus den Trafo automatisch wieder an ohne
eine Überprüfung und Reparatur. Letztlich kann das zu einer Überlastung und Brand der Installation führen – wie in dem vorher geschilderten Fall.
Zwei Fliegen mit einer Klappe…
Neben dem sicherheitserhöhenden Faktor bei gleichzeitiger Montagefreundlichkeit gibt es noch einen weiteren Vorteil des Schutzschalters. Der Einsatz des Schutzschalters erlaubt es zukünftig wieder größere Trafos einzusetzen. Konnten durch die Norm bisher nur noch maximal 100W-Trafos verwendet werden, um die Begrenzung von 100W pro einzelnen Stromkreis einer Lichtwerbeanlage darzustellen, sind mit der Verwendung von mehreren Schutzschaltern auch größere Trafos wieder einsetzbar, sofern die einzelnen Ausgänge auf der Sekundärseite mit jeweils einem separatem Schutzschalter abgesichert werden.
Autor: Thomas Berens – Vorstand LWD, ESF Boardmember Technical Director
1Der Hiccup-Mode beschreibt eine besondere Form des Überlastschutzes.
Bei Ausgangsüberlast oder Kurzschluss schaltet die Stromversorgung kurzzeitig ab, um zyklisch (etwa im Sekundenbereich) immer wieder neu zu starten und die Behebung der Überlastung abzufragen. (Hiccup = Schluckauf)